Etappe 9 – West Coast

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Unsere Reise durch den Distrikt West Coast beginnt mit ein paar netten Wasserfällen, einem eher unspektakulären Strand und haufenweise Sandflys. Die kleinen „Sandfliegen“, die nur darauf warten, endlich zuzubeißen, einen wahnsinnig juckenden Biss zu hinterlassen (der sich, wenn man es nicht mehr aushält und kurz daran kratzt, entzündet und noch monatelang zu sehen ist) werden zu stetigen Begleitern, sobald man nur „West Coast“ denkt! Dazu fängt es auch direkt an zu Regnen, was die Sandflys leider nicht im geringsten zu stören scheint. Hier ahnen wir noch nicht, dass nichts davon so schlimm ist, wie das, was uns in der Nacht passieren wird.

Auf der Internetseite vom DOC (NZ-Naturschutzbehörde), welche Aufschluss über das Freedom-Campen in jedem einzelnen Distrikt geben, finden wir einen Platz etwas abseits der Hauptstraße, an dem wir uns für die Nacht niederlassen. Den Abend verbringen wir gemütlich mit unserer neuseeländischen Serie und fangen ein paar Sandflys, die sich ins Auto verirrt haben. Als wir schlafen wollen, sehen wir eine Mücke, die wir glücklicherweise auch noch erwischen – wir wollen ja schließlich nicht in der Nacht zerstochen werden. Wir sagen also gute Nacht und machen das Licht aus. Allerdings nur kurz, denn wir hören doch noch eine Mücke über unseren Köpfen surren. Also Licht wieder an. Wie wir nach einigem umherleuchten mit der Taschenlampe feststellen, war die erste Mücke nicht allein, sondern hat noch 3 Freunde mitgebracht. Wir schlafen also, etwas beunruhigt und mit wachen Ohren, ein. Zwei Stunden später wacht Svea von einer surrenden Mücke auf und kann einfach nicht wieder einschlafen. Bozo wird also geweckt und wir schalten das Licht an. Ihr werdet es uns nicht glauben was wir jetzt sehen, denn so etwas hat wahrscheinlich noch keiner von euch erlebt – hoffen wir zumindest! Über unseren Köpfen schwirrt nicht nur eine Mücke… auch nicht 3… es sind hunderte!!!

PANIK!!!

FANGEN!!!

PANIK!!!

Als wir es nach 30 Minuten geschafft haben, etwa die Hälfte der Mücken zu erwischen und das Auto wie unsere Hände mit Mückenmatsch und Blutflecken übersät ist, wollen wir einfach nur eins – WEG! Um 2:30Uhr, mitten in der Nacht, fahren wir los, mit den restlichen unwillkommenen blinden Passagieren. Svea am Steuer, Bozo auf dem Beifahrersitz, noch immer am Mücken fangen. Wir fahren weiter und weiter.. Abgesehen davon, dass wir nirgends über Nacht parken dürfen, wollen wir dies auch gar nicht, denn wir sind noch immer im tiefsten Dschungel, wo diese blutsaugenden Plagegeister ihr Imperium aufgebaut haben.

Nächster Halt, 4:30Uhr, in stockfinsterer Umgebung und (bis auf die in unserem Auto verbliebenen) Mücken-los: der Fox Gletscher. Für uns perfekt, für die Biester schlecht, denn hier ist es eiskalt. Wir öffnen alle Türen und Fenster und machen ordentlich Durchzug, sodass wir nochmal einige Mücken loswerden. Da wir hier auch nicht über Nacht stehen dürfen, entschließen wir uns nach einem vorgezogen nächtlichen Frühstück, dass einer die Augen nach Mücken und DOC-Officern aufhält und der andere schläft. Glücklicherweise gibt es in der Nacht keine weiteren Vorkommnisse und wir sind am Morgen die ersten, die den etwas traurigen, sich immer weiter zurückziehenden Gletscher von der Aussichtsplattform betrachten. Als wir nach unserem kurzen Spaziergang zum nächsten Gletscher aufbrechen, sehen wir das erste Mal richtig den Weg, den wir in der Nacht auf den Gletscher gefahren sind. Eine kleine, schmale, jüngst aufgeschüttete Schotterstraße ohne Absperrung zwischen zwei reißenden Flüssen.

Beim Franz Josef Gletscher angekommen, machen wir eine etwas längere, schöne, aber auch wieder eine etwas mehr besuchte Wanderung zum Gletscherrand. Hier wieder das Gleiche. Ein trauriger, sich zurückziehender Eisberg, der wie wir offenkundig keine Lust mehr auf belämmert gaffende und sich über das jämmerliche Bild beschwerende Touristen hat. Auf dem Weg finden wir Schilder, die aufzeigen, was jeder einzelne gegen den Klimawandel tun kann. Richtig gut und passend!

Weiter geht es gen Norden. Im verkümmerten Fischerdörfchen Okarito machen wir einen Spaziergang durch Marsch und Wald zu einer Aussichtsplatform, von der man noch den Fox Glacier sehen kann – aus 20km Entfernung sieht er schöner aus als aus 400m. Anschließend fahren wir zu unserem Schlafplatz nach Ross. Hier übernachten wir auf dem Hinterhof eines alten Pubs mit sehr netten Besitzern, die uns ein wenig herumführen. Nicht nur das Gebäude an sich erinnert an einen alten Western, sondern auch die Einheimischen, die gemütlich klönend über Bier, Billiard-Tisch und einem alten Klavier zusammen sitzen. Am nächsten morgen geht es für uns, wieder mal im Regen, weiter in Richtung des Arthurs Pass und wir verlassen West Coast. Die traumatische Erinnerung an den Mosquito-Horror verlässt uns leider noch nicht – auch Tage später sollen wir nachts noch hochschrecken, Ohren gespitzt und die Hand nach der Taschenlampe suchend, um dann halb erleichtert die Illusion erkennend und gleichermaßen skeptisch unruhig wieder einzuschlafen….

„West Coast auf Flickr“

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