Arbeit Nr. 2 – Lilybulb Scaling in Rakaia

Während wir in Christchurch umher fahren und überlegen, was wir als nächstes in Angriff nehmen wollen, entdeckt Svea eine Stellenanzeige auf Facebook: in Rakaia, 30 Minuten von Christchurch entfernt, werden Arbeiter gesucht, die beim „Lilybulb scaling“ helfen sollen.

Obwohl wir zu Beginn nicht wissen, was dieses „Lilybulb scaling“ sein soll, entscheiden wir uns spontan dazu, uns dort vorzustellen. Ist ja nur für eine Woche. Tatsächlich haben wir Glück und können zwei Tage später anfangen. Um nicht ganz ahnungslos bei der Arbeit aufzuschlagen, schauen wir uns noch ein YouTube Video an. Lilybulb scaling bedeutet nichts anderes, als die Lilien-Zwiebeln zu zerpflücken, sodass aus den einzelnen Stückchen neue Blumen entstehen können. Allerdings machen wir das nicht so romantisch mit den Händen wie Caroline Wright in diesem Lehrvideo, sondern an kreischenden, altertümlichen Maschinen. Wir zerpulen also nicht die Zwiebeln, sondern stecken sie einfach nur auf an uns vorbeiklappernden Piekser (des Fingertodes).

Der große Vorteil an der Arbeit ist der Stellplatz auf dem Firmengelände samt Zugang zu Küche und Dusche, folglich auch so gut wie keinem Arbeitsweg.

Nun aber der Reihe nach: Wir schlagen Montag früh um 7 Uhr bei dem Firmengelände auf und werden sogleich von Cees (gesprochen Käääis), einem etwas hektischen, zerzauselten Holländer nach seinen besten Jahren in sein Container-Büro verschleppt. Dort sehen wir uns auf einem Uralt-Laptop eine Steinalt-Powerpointpräsi mit atemberaubenden und haarekräuselnden 2D-Animationseffekten über die Firma und die auf uns zukommende Arbeit an. Cees holt in der Zeit unsere Verträge, die wir flugs unterschreiben sollen, am besten, ohne zu lesen. Bozo ist leider zu schnell, deswegen entgeht ihm der letzte Satz des Vertrages auch nicht, in dem steht, dass wir die Einstellungsbedingungen in Papierform erhalten haben. Unsere Begegnung mit Cees endet mit einem ernsthaft verdutztem Blick und der Aussage, diese ‚Terms of Emploxment‘ seien bloß ein dicker Stapel Papier, für den man eine Woche zum Lesen bräuchte, und diese seien sowieso nicht so wichtig für uns.

Svea am „Karussel“

Ohne richtige Sicherheitsanweisung geht es ohne Vorwarnung direkt an die Maschinen. Keine Zeit, die soeben unterschriebenen Verträge ins Auto zu bringen oder Arbeitsklamotten anzuziehen. Unser erster Supervisor, Honey, zeigt uns eine Maschine: „Dies ist ein Karussel.“ Ohne weitere Erklärungen heißt es dann zu uns: „Ich brauche euch zwei hier.“ Sie schiebt uns an die Maschine und dampft wortlos ab, offensichtlich in der Erwartung, dass wir wissen, wie es ab hier weitergeht. Ohne unsere Mitarbeiter an der Nachbarmschine wären wir ziemlich aufgeschmissen.

Nach 10 minuten geht dann die Maschine nicht mehr. Es ist einer der Pins, auf die wir die Zwiebeln stecken, abgebrochen und dieser blockiert das Weiterdrehen. Bevor einer von uns reagieren kann, ist ein Stromausfall. Nach ein paar Minuten geht alles wieder, nur nicht unsere Maschine. Naja, dann pulen wir eben per Hand weiter, während hektisch irgendein Gabelstaplerfahrer von unserem Supervisor herbegewunken wird und unter der Maschine rumwurschtelt.

Kurz danach ist Sortenwechsel. Das bedeutet, alle Maschinen müssen penibelst von jedem noch so kleinen Zwiebelstückchen befreit werden. Ab dann herrscht ausnahmslos Langeweile. Es ist schon etwas besonderes, wenn man mal eine neue Kiste mit Zwiebeln holen oder auf Klo gehen kann – wir wissen im Nachinein unseren Einstieg mit dem Stromausfall mehr und mehr als große Abwechslung im Arbeitsalltag zu schätzen.

Die große Überraschung ereilt uns dann am Mittwoch vormittag: Obwohl wir uns auf eine Anzeige gemeldet haben, in der Helfer für eine ganze Woche gesucht wurden, sind wir laut Vertrag nur bis einschließlich Donnerstag eingestellt. An jenem Mittwoch wird uns dann mitgeteilt, dass wir uns doch ein paar schöne Tage am Strand gönnen sollen – denn heute werden die letzten Lilybulbs gescaled. Schade ums Geld, aber auch nicht so wild – auf stupfsinnige Idiotenarbeit 8h am Tag bei 30°C in Plastikklamotten kann man auch einen Tag verzichten. So endet unser Bschäftigungsverhältnis mit ‚Van Zanten Flowerbulbs Ltd‘, trotzdem dürfen wir die Nacht noch auf dem Firmengelände neben Dusche und Küche übernachten.

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